Nerven sparen - Bahn fahren?

Bin eben von einer zweitägigen Reise durch Deutschland zurückgekommen. Zwei Tage ohne e-mail! Wie konnte ich das überhaupt aushalten?! Natürlich habe ich in meiner Mailbox wieder Millionen Spam-mails für VtAGRzA, Replikas und irgendwelche Kochtopfsets erhalten - trotz ziemlich gutem Spam-Filter. ICH WÜNSCHE ALLEN SPAMMERN DIE KRÄTZE AN DEN HALS!

1. Schauplatz: Stuttgart Hauptbahnhof. Ich komme mit der S-Bahn vom Flughafen und will nach Karlsruhe umsteigen. Zuerst muss ich eine Fahrkarte für die Fernbahn kaufen. Da ich eine Vorteilscard Rail Plus habe und nicht sicher weiß, ob ich damit Ermäßigung in Deutschland bekomme oder nur bei Fahrten von Österreich nach Deutschland, will ich mit einem Menschen reden und nicht mit einem Fahrtkartenautomaten. Also Suche nach dem Reisezentrum. Nach einigem Herumfragen und Herumirren finde ich es. Die Menschenschlange vor den Schaltern scheint ein Erreichen des Anschlußzuges unmöglich zu machen, also wende ich mich hilfesuchend an einen kompetent aussehenden Herrn. Der erklärt mir den Automaten, der einen Zettel mit Fahrplan und Preis ausdruckt, aber keinen Geldeingabe-Schlitz hat. Schon leicht genervt finde ich einen anderen Herrn im DB-Dress, der mir erklärt, man müsse den Barcode auf dem Zettel unter einen anderen Automaten halten, wo man dann Geld reinschieben kann und eine Fahrkarte erhält. Ich: Was soll das??? Er: Das ist ein Pilotversuch. Ich: Den können Sie gleich abbrechen, das ist ja total umständlich! Er lächelt milde und meint, das sei schon gut. - Na ja.Stunden später am Hauptbahnhof Karlsruhe: Ich will nach München. Im Reisezentrum das gleich Bild - eine endloslange Menschenschlange. Hier gibt es keinen Pilotversuche, dafür nur Automaten, bei denen man nur mit Karte bezahlen kann. Nach einem langen Frage-Antwort-Spiel mit dem Automaten, obwohl ich eigentlich nur eine Karte nach München wollte (erinnerte mich an das Bestellen eine simplen Sandwiches in den USA, das einem Quiz gleicht), schiebe ich meine Bankomatkarte hinein. Mag er nicht, obwohl auf dem Automaten Maestro steht. Die Abfahrtszeit des Zuges rückt näher, ich an den Rand des "Kein Kaffee für Präsidenten"-Wahnsinns. Ich schiebe meine Kreditkarte hinein und bete, dass er keinen Pin-Code von mir will, denn den weiß ich nicht. Endlich erhalte ich ein Ticket plus Kreditkartenbeleg plus Werbung für die FIFA. Im Zug wollte ich was arbeiten, aber es gibt keine Steckdosen. Umsteigen in Stuttgart, Ersatzzug wegen Fliegerbombenfund in Dortmund, wieder keine Steckdose bzw. kein freier Steckdosenplatz. Wenigstens habe ich Ö1 auf Konserve mit und ein Buch.

Nächster Tag, München Hauptbahnhof und ein Happy-End: Ich finde einen ganz normalen Fahrkartenschalter und einen gerade arbeitslosen DB-Mitarbeiter, halte ihm meine Vorteilscard vor die Nase und sage, "Ich will nach Wien". Eine Sekunde später habe ich eine Fahrkarte in der Hand, ohne mich auf einen konkreten Zug festlegen oder tausend unnötige Fragen beantworten zu müssen. Na bitte, es geht ja auch anders! Der geplante Speisewagen wurde zwar in Klagenfurt vergessen, aber es ist ein ÖBB-Zug mit gaaaanz vielen Steckdosen und einem Waggon, in dem lauter fleissige Menschen still an ihren Notebooks arbeiten und NICHT telefonieren. DANKE, ich bin wieder daheim!

Übrigens: bezeichnenderweise habe ich in den zwei Tagen jede Menge Interviews zu Organic Computing gemacht, wo es darum geht, dass elektronische Geräte einfacher werden sollen. Ist übrigens ein DEUTSCHES Forschungsprojekt. Kann man das mal der Deutschen Bahn flüstern?

Grund zum Aufregen gab's in den vergangenen zwei Tagen aber trotz e-mail-Abstinenz. Schuld daran ist die Deutsche Bahn.

Kommentare

Nach Deiner Kritik bemüht sich die Bahn durch Pressemitteilungen, den Karren noch aus dem Dreck zu ziehen: http://www.spiegel.de/reise/aktuell/0,1518,417604,00.html

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