Wieviel Überwachung wollen wir?

Anfang 2009 startete ein von der EU im 7. Rahmenprogramm mit fast 11 Millionen Euro gefördertes Forschungsprojekt, das bestehende Überwachungstechnologien verbessern und miteinander verknüpfen soll. Das Projekt INDECT (Akronym für "Intelligent Information System Supporting Observation, Searching and Detection for Security of Citizens in Urban Environment") soll Sicherheitskräfte und Polizei bei der Überwachung, dem Erkennen von Gefahren und der Suche nach Verdächtigen unterstützen und damit die Sicherheit der Bürger im städtischen Raum erhöhen.

Eddan Katz von der Electronic Frontier Foundation warnte bereits im Herbst vergangenen Jahres beim Privacy OS in Wien vor möglichen unerwünschten Folgen des Projektes für die Privatsphäre.

Der Europäische Datenschutzbeauftragte Peter Hustinx sagte im Interview, das ich kürzlich mit ihm geführt habe, er sei im Laufe des vergangenen Jahres auf das Projekt aufmerksam geworden und habe aus eigener Initiative eine Stellungnahme an die Europäische Kommission geschickt. Hustinx äußerte schwere Bedenken, dass etwas entwickelt werden könnte, das mit den Europäischen Grundrechten und dem Datenschutz nicht vereinbar sei, aber dann, weil es halt schon einmal da sei, auch eingesetzt werde. Dass die Forscher sagen, sie würden ja nur forschen, die Umsetzung müsse dann entsprechend der jeweiligen Gesetze erfolgen, lässt er nicht gelten. Überlegungen zur Privatsphäre müssten bei der Entwicklung neuer Technologien zum frühest möglichen Zeitpunkt – nach dem Prinzip des sogenannten „privacy by design“ – inkludiert werden, betont Hustinx.

Bedenken hat er auch wegen der Feldtests, die für das Projekt geplant sind. Man müsse genau darauf achten, wo, wie und unter welchen Umständen dieses Tests durchgeführt werden, ob die Bürger darüber ausreichend informiert werden und welche Rechte sie dabei haben.

Unter Umständen könnten diese Tests bei der Fußball-Europameisterschaft 2010 stattfinden, die in Polen und der Ukraine über die Bühne gehen wird. In Polen, konkret in Krakau an Institut für Elektronik und Telekommunikation der AGH Universität, ist auch der Projektleiter Professor Andrzej Dziech tätig. Es könnte sein dass die polnische Polizei Interesse an ersten Anwendungen habe, aber das sei noch nicht geklärt, so Dziech.

Zur Erinnerung: Bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland 2006 wurden erstmals in großem Maßstab RFID, also Funkchips, eingesetzt, die Fans mussten beim Kartenkauf online umfangreiche persönliche Daten angeben. Datenschützer warnten damals davor, dass die Bewegungen der Fans auch im Stadion (unbemerkt) erfasst werden könnten. Eine Zusammenstellung der Informationen dazu auf der FoeBuD-Website.

Näheres zu INDECT mit dem Interview mit Peter Hustinx, Andreas Krisch und den Forschern ist zu hören am Sonntag den 4. April 2010 ab 22.30 Uhr in matrix - computer und neue medien auf Radio Ö1.

 

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